ReactiveCity: eine proaktive Stadt ohne Biozide (Interreg-Projekt 2023-2027)

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Grafische Gestaltung: www.wisson.fr

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Hintergrundinformationen

 

ReactiveCity verfolgt städtische Nachhaltigkeit bezogen auf menschliche Gesundheit und Umwelt. Die Städte am Oberrhein übernehmen schrittweise Anpassungspläne, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen, damit Dienstleistungen und Infrastrukturen zur Erhaltung einer gesunden Umwelt gelingen. Mithilfe einer systemischen Vision der Stadtplanungspolitik, sind diese Pläne Teil der Initiative des New European Bauhauses und passen zum Europäischen Grünen Pakt für eine nachhaltigere und integrativere Zukunft der Lebensräume.

Das quantitative Wassermanagement nimmt in diesen Anpassungsplänen eine wichtige Rolle ein. Die Regenwasserbewirtschaftung durch das Konzept der durchlässigen Stadt, aber auch die verstärkte Wiederverwendung von Regenwasser und aufbereitetem Abwasser stellen einen kontinuierlichen Paradigmenwechsel dar. Das InterregV-Projekt NAVEBGO (2018-2022) hat herausgestellt, dass eine nachhaltige Siedlungswasserwirtschaft mit einer Reduzierung und weiterer Eliminierung von Fassadenbioziden einhergehen muss.  Diese Feststellung lässt sich auf zunehmende Mikroschadstoffe mit potenziellen ökotoxikologischen Auswirkungen auf die städtische Umwelt ausdehnen (Fassadenbiozide, Haushaltsbakterizide, Antibiotika für Tiere und Menschen sowie Perfluorverbindungen). Der Begriff urbane Biozide wird in den folgenden Abschnitten verwendet, um verschiedene Gruppen zunehmender Mikroschadstoffe mit ökotoxikologischen Auswirkungen zusammenzufassen (Abbildung 1)

Die Beseitigung dieser urbanen Biozide an der Quelle oder durch spezifische Behandlungsverfahren in Kläranlagen (für nicht substituierbare Moleküle) ist eine große Herausforderung, die untrennbar mit der quantitativen Bewirtschaftung von Siedlungswasser verbunden ist, um die Gesundheit der Bewohner und die städtischen Ökosysteme der Städte am Oberrhein zu schützen, aber auch um den Wasserbedarf einer zunehmenden Begrünung in städtischen Gebieten zu decken.

Weiterhin werden Biozide intensiv in Fassadenanstrichen, sowie in Alltagsprodukten verwendet. Grund dafür ist ein eingeschränktes Bewusstsein für die Emissionsquellen in der Akteurskette: Verbraucher, Architekten, Maler, Industrielle sowie Wasser- und Stadtplanungsbehörden. Andererseits sind die Wirkungsgrade bestehender Kläranlagen für diese städtischen Biozide begrenzt, insbesondere für Antibiotika in Rohabwässern. Dies wirft die Frage nach ökotoxikologischen Auswirkungen von Bioziden sowie der Entstehung von Antibiotikaresistenzen in städtischen Flüssen auf. Basierend auf einer gemeinsamen Diagnose durch akademische und nicht-akademische Projektpartner fehlt es noch weitgehend an der Begleitung zu einer biozidfreien Stadt anders als die in den Regen- und Abwasserbehandlungsanlagen berücksichtigten historischen städtischen Schadstoffe. Die biozidale Risikobewertung bleibt seitens des Oberrheins lückenhaft, die Instrumente zur Diagnose der Reaktionen dieser Akkumulationszonen sind noch zu entwickeln und die Interaktion der Akteure und ihrer Reaktionen wurde teilweise und nur für Fassadenbiozide (NAVEBGO) erforscht. Das Ziel der Reduktion städtischer Biozide wird in den Plänen und Projekten der Städte am Oberrhein selten thematisiert - dies verzögert die Umsetzung. Es drängt die städtische Handlungsfähigkeit an ihren sozialen und biogeophysikalischen Schnittstellen zu bewerten, um den Unkenntnissen über Quellen, Flüsse und ökotoxikologischen Auswirkungen von städtischen Bioziden zu begegnen.

 

 

Projektziele

 

ReactiveCity zielt darauf ab, die Städte am Oberrheinzu Null-Bioziden am Ursprung und am Ende der Kläranlagen für nicht substituierbare Moleküle zu begleiten.

Dafür werden kurzzeitig, innerhalb der Projektlaufzeit, regionale Referenzen erstellt, Instrumente entwickelt und die Kette der betroffenen Akteure strukturiert, um vier Herausforderungen zu bewältigen:

  • Erstellung einer stadtweiten und oberrheinweiten Diagnose der Emissions-, Dissipations-, Transformations- und Akkumulationszonen dieser städtischen Biozide, um den Übergang zu einer durchlässigen Stadt zu begleiten.
  • Risikoreduktion der Remobilisierung alter Biozidbestände aus Böden und Sedimenten in Gewässern beim Übergang zu einer durchlässigen Stadt.
  • Identifizierung von Herausforderungen und Alternativen Fassadenbiozide zu verwenden, um eine globale Strategie zur Reduzierung, Substitution und Beseitigung dieser auf Stadtebene zu erhalten. Als Basis dienen Ergebnisse des Interreg-Projekts NAVEBGO, die auf Stadtteilebene entstanden sind.
  • Ermittlung der Herausforderungen und Alternativen von zunehmenden Mikroschadstoffgruppen aus dem Hausgebrauch, um eine umfassende Strategie zur Reduzierung, Substitution und Beseitigung dieser Verbindungen auf Gemeindeebene, die an eine Kläranlage angeschlossen sind, zu definieren.

 

Kurzfristig zielt ReactiveCity darauf ab, (i) soziale Komponenten zu verstehen, zu mobilisieren und zu bestärken, um das Bewusstsein der Akteurskette für die Herausforderungen im Zusammenhang mit städtischen Bioziden zu schärfen und die aktive und demonstrative Suche nach Alternativen zu deren Verwertung und Verbreitung zu fördern, und (ii) Ökosysteme, um die Bedingungen für den Abbau, die Akkumulation und die Mobilisierung von Bioziden in den städtischen Kompartimenten, Böden, Flusssedimenten und Grundwasser sowie die damit verbundenen ökotoxikologischen Auswirkungen zu identifizieren und vorherzusagen. So können Optionen kurzfristiger Reduktion und mittelfristiger Eliminierung der schädlichsten städtischen Biozide sowie Lösungen zur Begrenzung der Ausbreitung jener in die städtische Umwelt ermittelt werden, für die es aktuell nur begrenzte Alternativen gibt, wie z. B. für Antibiotika.

 

ReactiveCity stützt sich auf folgende Ansätze: soziologische (d.h. Charakterisierung der Entscheidungsketten beteiligter Akteure der Biozidverwendung, ihres Bewusstseins über Auswirkungen und Hemmnisse für Verwendung von Alternativen), architektonische (d.h., Förderung biozidfreien Wohnens, Verwendung biozidfreier Fassadenputze aus Bio-/Geo-Materialien), hydrobiogeochemische (Haltbarkeit, Transport, Akkumulation, Abbau, Ökotoxikologie von Bioziden), und Kartierung des Akkumulations- und Remobilisierungsrisikos ebenso reaktive Zonen, die den Abbau dieser Biozide ermöglichen, durch Übertragung der Ansätze vom Stadtviertel auf die Stadt, bezogen auf Systeme (Misch- oder Trennsystem) und Wassermanagement (Wiederverwendung Grauwasser, Regenwasser).

Zur Aneignung und Umsetzung nachhaltiger Lösungen in der Stadtplanung, schlägt ReactiveCity ein grenzüberschreitendes Diskussions- und Aktionsforum vor, das auf vier deutsch-französischen Plattformen (Bürger, Anwendung, Lehre/Ausbildung und Forschung) beruht, um mittelfristig Sicht und Praktiken aller Akteure bezüglich Bioziden zu ändern (Abbildung 2).

 

Von dem Projekt erwarteten Ergebnisse

ReactiveCity wird operationelle und übertragbare Ergebnisse produzieren, teilen und verstetigen, um sie auf jedes städtische Gebiet am Oberrhein zu übertragen, die Reduktion von Bioziden plant, um Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen.

 

Zur Erleichterung der Diagnose und Unterstützung in Entscheidungen städtischer Gebiete generiert ReactiveCity:

  • Innovative Diagnosemethoden und -instrumente des Verbleibs und Auswirkungen von Bioziden in Städten dank eines multidisziplinären wissenschaftlichen Konsortiums;
  • Regionale Referenzen zu Quellen, Verbleib und Auswirkungen der verschiedenen Biozidklassen durch Harmonisierung/Anpassung der Diagnosemethoden in den städtischen Partnergebieten;

ReactiveCity arbeitet mit der Initiative PACTE für "Denken, Planen und Bauen im ökologischen Übergang" in städtischen Gebieten zusammen, die im Rahmen der Eurometropole Straßburg entwickelt wurde. PACTE wird ermöglichen, den Bürgern und Abgeordneten die Herausforderungen zu erläutern und während und nach Projektabschluss Einfluss auf die städtebaulichen Entscheidungen zu nehmen. Die Einrichtung einer 'grenzüberschreitenden PACTE-Initiative' wird geprüft.

 

Die Ergebnisse von ReactiveCity werden in Form von Lehreinheiten (Kurzdarstellungen und Videos) in deutscher und französischer Sprache zusammengefasst, die sich an fünf verschiedene Gruppen von Akteuren richten: (i) Einwohner und assoziative Akteure dieser Städte, (ii) Abteilungen für  Stadtplanung und  Wasser- und Umweltmanagement der Städte am Oberrhein, (iii) Fachleute aus Bereichen Bauwesen und Stadtplanung, (iv) Studierende der Studiengänge Architektur, Wasser- und Umweltmanagement und (v) Wissenschaftler aus diesem Bereich, d.h. 20 Lehreinheiten à 5 - 10 min. Die Verbreitung dieser Informationen wird über die Website des ReactiveCity-Projekts sowie über die in Abschnitt 9.4 aufgelisteten Kommunikationsnetzwerke erfolgen. Jede der vier Plattformen (Bürger, Anwendung, Lehre und Wissenschaft) wird einen Verbreitungsplan und die am besten geeigneten Medien (soziale Netzwerke, Newsletter, etc.) für die Förderung und Aufwertung ihrer Themen vorschlagen.

 

In Zusammenarbeit mit den Kommunikationsabteilungen der drei Teststädte wird ein beschilderter Weg eingerichtet, auf dem die Bürger per QR-Code an strategischen Stellen Lehreinheiten für die breite Öffentlichkeit abrufen können, die (i) die Risikobedingungen für die Remobilisierung alter Biozide, sowie (ii) Umgebungen, die Freisetzung und Abbau dieser Biozide begünstigen, und (iii) architektonische und regenwasserwirtschaftliche Initiativen zeigen, wie eine biozidfreie, durchlässige Stadt mit geringen ökotoxikologischen Auswirkungen aussehen kann.

 

Der Straßburger Parcours verläuft im Viertel Môle Citadelle, das als Pilot- und Demonstrationsstandort für das Projekt ReactiveCity gilt. Die Beschilderung und Bewerbung dieser Strecken gestalten Kommunikationsabteilungen der Städte Freiburg, Landau sowie der Eurometropole Straßburg.

Die Laufzeit des vorgeschlagenen Projekts beträgt vier Jahre (Sept. 2023 - Aug. 2027), damit alle Projektergebnisse produziert, geteilt und verbreitet werden. Die Phase der Datenerfassung und Produktion der Ergebnisse benötigt drei Jahre.

Konsortium:

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, haben sich sechs Forschungsgruppen der Universitäten Straßburg, Landau und Freiburg, des CNRS und zweier Ingenieurschulen (ENGEES und INSA) mit komplementären Fachbereichen (Sozial- und Geisteswissenschaften, Architektur, Hydrologie) zusammengeschlossen. Sie bilden eine Partnerschaft mit drei Städten am Oberrhein (Straßburg, Landau und Freiburg), mit zwei Abwasserverbänden (SDEA und Abwasserzweckverband Breisgauer Bucht), mit zwei Kompetenzzentren für Wasser (Hydreos) und nachhaltiges Bauen (Build&connect - Fibre EnergiVie) und die APRONA (quantitative und qualitative Überwachung des Grundwassers im Elsass) (Abbildung 2).

 

Wissenschaftliche Partner:

  • Unité Mixte de Recherche (UMR) Institut Terre et Environnement (ITES - CNRS, Université de Strasbourg, CNRS, ENGEES), Hauptträger des Projekts
  • Unité Mixte de Recherche (UMR) Sociétés, Acteurs, Gouvernement en Europe (SAGE - CNRS et Université de Strasbourg)
  • Institut national des sciences appliquées Strasbourg, « Cadre bâti frugal et transdisciplinarité » (INSA, Lehrstuhl ressourcenschonendes Bauen und Transdisziplinarität)
  • Professur für Hydrologie, Universität Freiburg
  • Institut für pharmazeutische Wissenschaften, Universität Freiburg
  • Rheinland-Pfälzische Technische Universität (RPTU), Kaiserslautern-Landau

 

 

Weitere Verbundpartner:

  • Eurométropole de Strasbourg
  • Stadt Freiburg
  • Stadt Landau
  • Abwasserzweckverband Breisgauer Bucht
  • Syndicat des Eaux et de l'Assainissement Alsace-Moselle (SDEA, Wasserwirtschaftsverband Niederrhein)
  • L’Observatoire de la nappe d’Alsace (APRONA)
  • HYDREOS, Pôle de compétitivité de la filière de l'Eau du Grand Est (en discussion)
  • Build&connect - Fibres-Energivie, Pôle de compétitivité dédié aux matériaux et aux bâtiments durables